Mikroskopische Kolitis
Als mikroskopische Kolitis bezeichnet man eine entzündliche Erkrankung des Dickdarms, bei der typischerweise bei der endoskopischen Untersuchung die Darmschleimhaut unauffällig ist, die entnommenen Gewebeproben unter dem Mikroskop aber eindeutige Veränderungen aufweisen.
Man unterscheidet bei der mikroskopischen Kolitis zwei Formen:
- Die lymphozytäre Kolitis,
bei der in der Darmschleimhaut auffallend viele Lymphozyten, also spezielle weiße Blutkörperchen, zu sehen sind. Die lymphozytäre Kolitis ist seit 1980 bekannt. Seit den ersten Beschreibungen in den 1970er und 1980er Jahren wird das Krankheitsbild zunehmend untersucht. - Die kollagene Kolitis,
bei der es zu Ablagerungen von Bindegewebe (Kollagen) in der innersten Schicht der Darmschleimhaut kommt. Die kollagene Kolitis mit ihren wässrigen Durchfällen wurde erstmals 1976 beschrieben.
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Symptome mikroskopische Kolitis
Leitsymptom der mikroskopischen Kolitis sind bei allen Betroffenen die wässrigen Durchfälle (Diarrhö), daher wird die Erkrankung auch als „Syndrom der wässrigen Durchfälle“ bezeichnet. Die wässrigen Durchfälle können plötzlich auftreten, so dass die Betroffenen als Ursache zunächst an eine Infektion glauben. Neben den wässrigen Durchfällen können auch folgende Symptome auftreten:
- Gewichtsverlust (40 %)
- Übelkeit (20 %)
- Blähungen (10 %)
- Stuhlinkontinenz
- Müdigkeit
Trotz der häufigen und wässrigen Durchfälle scheint das Problem der Austrocknung nur selten vorzukommen.
Ähnlich wie bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen können bei der mikroskopischen Kolitis in Abhängigkeit von der Entzündung im Darm Begleiterkrankungen auch außerhalb des Darmes auftreten. Beobachtet werden u.a.
- rheumatische Beschwerden in den Gelenken
- Schuppenflechte an der Haut
- Störungen der Schilddrüsenfunktion
Ursachen
Was die Ursachen für die Kollagen-Einlagerungen bei einer kollagenen Kolitis und für das vermehrte Auftreten von Immunzellen bei der lymphozytären Kolitis sind, ist noch nicht geklärt.
Es werden derzeit verschiedene mögliche Ursachen für eine mikroskopische Kolitis diskutiert. So vermutet man, dass der häufige Gebrauch bestimmter Medikamente, unter anderem nicht-steroidale Antirheumatika zur Schmerzbehandlung von Gelenkbeschwerden, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Präparate zur Behandlung der Diabeteserkrankung (Diabetes mellitus), erhöhter Cholesterinwerte oder zur Hemmung der Blutgerinnung, die Erkrankung auslösen können. Auch die langfristige Einnahme von sogenannten "Magensäureblockern" (Protonenpumpeninhibitoren) wie z. B. Omeprazol ist mit einem, wenn auch geringen, Risiko zur Ausbildung einer mikroskopischen Kolitis behaftet.
Klar scheint zu sein, dass es sich bei den Kollagenablagerungen (bei der kollagenen Kolitis) nicht um eine Überproduktion von Bindegewebe handelt, sondern eher um einen verminderten Kollagenabbau.
Etwa bei der Hälfte der Patienten mit einer lymphozytären Kolitis konnten Antikörper nachgewiesen werden, die sich gegen den eigenen Körper richten. Das legt als Ursache eine Autoimmunerkrankung nahe.
Bei Patienten mit einer kollagenen Kolitis wurden häufig Antikörper gegen bestimmte Darmkeime, die Yersinien, gefunden, nicht aber die Bakterien selbst. Dies könnte ein Hinweis auf eine frühere Darminfektion sein.
Häufigkeit
Da das Krankheitsbild noch nicht unfassend erforscht ist, gibt es nicht viele zuverlässigen Zahlen und Statistiken. Man geht derzeit davon aus, dass die mikroskopische Kolitis ähnlich häufig vorkommt wie die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Neue Studien gehen davon aus, dass es jährlich pro 100.000 Einwohner etwa 10 bis 25 Neuerkrankungen gibt.
Frauen erkranken etwa vier bis fünf Mal so häufig wie Männer. Meist sind Menschen betroffen, die älter als 50 Jahre sind und das Risiko, an einer mikroskopischen Kolitis zu erkranken, steigt bei Frauen ab dem 65. Lebensjahr deutlich an.
Es gibt Hinweise darauf, dass das Vorhandensein einer anderen Autoimmunerkrankung das Risiko, an einer mikroskopischen Kolitis zu erkranken, erhöht. Davon sind besonders Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion oder einer Zöliakie betroffen. Etwas weniger als die Hälfte aller Menschen mit einer mikroskopischen Kolitis haben zusätzlich eine Autoimmunerkrankung.
Diagnose
Bestehen die wässrigen Durchfälle länger als vier Wochen, wird in der Regel eine umfassende Diagnostik eingeleitet.
Zunächst werden andere Erkrankungen wie z. B. das Reizdarmsyndrom, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Infektionen sowie die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn ausgeschlossen.
Werden in einer Darmspiegelung keine Auffälligkeiten festgestellt, entnimmt der Arzt in der Regel aus den unauffälligen Bereichen der Darmschleimhaut Gewebeproben und lässt diese unter dem Mikroskop untersuchen. Auf diese Weise lässt sich die mikroskopische Kolitis sehr schnell diagnostizieren.
Bei Patienten mit einer kollagenen Kolitis ist das Kollagenband, das als Gewebestütze dient, mindestens 10 Mikrometer (=1/1000 Zentimeter) dick, während sie bei Gesunden weniger als zwei bis sieben Mikrometer misst. Außerdem lassen sich die Zellen gut einfärben und erkennen.
Bei Patienten mit einer lymphozytären Kolitis wird eine häufig um das 5-fache erhöhte Anzahl von Lymphozyten (eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen) gefunden.
Therapie
Bei fast allen Patienten lassen die Durchfälle innerhalb einiger Wochen nach: bei etwa 20 % spontan, beim Rest nach adäquater Therapie.
Zu den therapeutischen Empfehlungen bei der Behandlung der mikroskopischen Kolitis gehört u. a., dass die Betroffenen, sofern sie Medikamente einnehmen, die ursächlich für die Erkrankung verantwortlich sein könnten, diese nach Absprache mit ihrem behandelnden Arzt weglassen sollten. Darüber hinaus wird eine symptomatische Behandlung zur Verfestigung des Stuhls empfohlen, z.B. mit Flohsamenschalen.
Im Rahmen von Studien wurden Medikamente zur Therapie untersucht, die symptomatisch oder antientzündlich wirken. Derzeit gibt es nur ein Medikament zur Therapie der kollagenen Kolitis, das weltweit zugelassen ist: Budesonid.
Budesonid ist ein Kortisonpräparat mit sehr guter lokaler entzündungshemmender Wirkung an der Darmschleimhaut und relativ geringen unerwünschten Nebenwirkungen. Diätempfehlungen zählen derzeit in der Regel nicht zu den Therapievorschlägen.
Bei sehr schweren Verläufen wurde in seltenen Fällen ein künstlicher Dünndarmausgang (Anus praeter) gelegt. In diesen Fällen konnte beobachtet werden, dass sich, wenn der Nahrungsbrei nicht mehr mit dem Dickdarm in Berührung kam, die Entzündung wie auch das verdickte Kollagenband zurückgebildet haben. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Darminhalt und die Darmflora ein möglicher Auslösung der Erkrankung sind.
Mehr über CED
Letzte Änderung: 01.07.2023
Autoren
Dr. med. Wilfred Landry
Facharzt Innere Medizin und Gastroenterologie
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Dr. med. Michael Mross
Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie & Hepatologie
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